Fährst du mit mir nach Weimar?

Bildrechte: R. Möhler

Der Tag wird so oder eben nicht so. Je nachdem, welche Musik ich höre, wenn ich morgens zur Arbeit gehe – es macht einen Unterschied. Oasis zum Beispiel. Mit Oasis, das waren die Prügel- und Pöbelbrüder von der Insel, gehe ich zielstrebig zur Tramhaltestelle Bezirksgebäude. Don’t look back in Anger. Manchmal fotografiere ich noch schnell die Vögel, die auf der Stromleitung überm Helvetiaplatz sitzen. Auf dem Weg versuche ich nicht mit der Masse zu verschmelzen, die in Zürich selbst zur Rushhour keine Masse ist. Ich halte mich aber auch nicht am Rand. In der Tram setze ich mich sogar gegen die Fahrtrichtung. Meine Zornesfalte hält alles von mir fern, auch die Übelkeit beim Rückwärtsfahren. Ich bin der Schmied und mit Oasis bin ich Punkt acht im Büro. 

Nicht ganz on time, aber mit sechs Minuten auch nicht wirklich zu spät, bin ich, wenn ich Pearl Jam höre. Vielleicht gehe ich dann langsamer, weil meine Gedanken wieder zum Sommer 2015 schweifen. Damals wollte ich dich noch nicht fragen, ob du mit mir nach Weimar fahren würdest. Yellow Ledbetterlässt mich mit der Masse, die in Zürich selbst zur Rushhour keine Masse ist, verschmelzen. Dann stehe ich am liebsten in der Tram. Manchmal nehme ich sogar die Verbindung mit umsteigen. 

Und schliesslich der Moment, wenn ich auf halber Strecke zur Tramhaltestelle abdrehe und bei Mirò vorbei gehe und einen Filterkaffee (ohne Milch!) trinke. Wenn ich abdrehe, dann wegen Moderat. Burning bridges light my way. Keine Ahnung zu welchem Song das gehört, aber ich muss stehen bleiben und zuhören. Oder mich hinsetzen und zuhören. Ich kann dabei einfach nicht gehen, denn ich müsste die Augen schliessen und meinen Kopf und meine Hände in die Luft strecken. Das mache ich natürlich nicht, das wäre albern, aber ich stelle mir vor, ich würde es tun und es wäre nicht albern. An solchen Tagen bin ich um neun Uhr im Büro. Eine Stunde später als üblich. In der Tram auf jeden Fall sitzen, damit ich die Augen schliessen kann und nur vorwärts fahren. Kein Risiko. 

Fährst du mit mir nach Weimar, hab ich dich gefragt. 

(Und du hast ja gesagt.)

Zurück
Zurück

Sprachmüll

Weiter
Weiter

Hellgrüner Nagellack