Podcast an der Wertach – Folge 3

Im Biergarten mit Sternekoch Simon Lang über Schönheit als Schutzschild gegen die Hässlichkeit in der Welt

Es ist Sommer in Augsburg, und das Leben ist in den Straßen. Man trifft sich in Parks, Cafés, vollen Gassen oder Biergärten. Zwei Freunde schlendern die Spitalgasse entlang – das Kopfsteinpflaster unterm Fuß – und gelangen, kurz vor der Bäckergasse, zum Gasthof »Zum bayrischen Herzl«. In dessen Hinterhof haben sich Menschen zusammengefunden, um gemeinsam zu speisen und den warmen Sommerabend zu genießen. Inmitten dieser Begegnungen sprechen die Freunde zwischen Weißbier und deftigen Speisen über Essen, Schönheit, Erinnerung, Kindheit und die Macht der Sinne. Ihr erstes Zusammentreffen liegt weit in der Vergangenheit. Kennengelernt haben sie sich vor mehr als 30 Jahren im Kindergarten und Freunde sind sie bis heute. Ihre Lebenswege scheinen auf den ersten Blick sehr verschieden, aber ihre Berufung verbindet sie. Beide verfolgen ein ästhetisches Programm, nur auf unterschiedliche Weise. Schönheit ist für beide eine Lebensweise, eine Art in der Welt zu sein. Was für den einen Literatur, ist für den anderen die Kochkunst. Durch das Literaturhaus haben sie von Zeit zu Zeit die Möglichkeit, ihre Interessen zu vereinen. Zwei Lesungen, zwei Gerichte und eine multisensorische Erfahrung für jeden Besucher. Wenn Eckhart Nickel aus seinem Roman Hysteria vorliest, und der Zuhörer den Geschmack des Nachibirnencarpaccios, das die Protagonisten in einer Pflanzschule genießen, nicht nur erahnen muss, sondern auch schmecken darf, dann ist die Grenze zwischen Fiktion und Realität für einen kurzen Augenblick aufgehoben. Essen verbindet und berührt. Darüber sprechen Dr. B. und Simon Lang beim gemeinsamen Mahl in bayrischem Ambiente. In einer wunderbaren Sommernacht also sprechen die beiden Freunde über Ästhetik und Kulinarik und darüber, wie wichtig es ist, das Leben zu zelebrieren. Ein Geruch, ein Geschmack, das Geräusch von Gläsern beim Anstoßen – in jeder Wahrnehmung verbirgt sich eine Tür – vielleicht auch nur ein Fenster – zur Vergangenheit. Erinnerungen werden lebendiger, wenn wir sie riechen, schmecken oder hören. Beinahe meint man, für nur einen Augenblick zurückkehren zu dürfen. 

Simon Lang ist Küchenchef im Drei Mohren Hotel in Augsburg. Das dort ansässige Gourmetrestaurant Sartory wurde im letzten Jahr zum ersten Mal mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet. Dieses Jahr konnte der Stern erfolgreich verteidigt werden und das Literaturhaus Augsburg gratuliert Simon und seinem Team ganz herzlich.

Dank gebührt Michaela Melián für ihren wunderbaren Track »Kloster«.

Das Gespräch führte Dr. B. Verantwortlich für Text & Schnitt ist Lisa Schmitz.

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Folge 2: Temperamentlosigkeit, Kompromissobsession und Nummer sicher: Das Klagelied der Millennials

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Folge 4: Das Verlangen nach »Kaffee & Zigaretten«